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Haie – zu Unrecht verteufelt

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Ein beinahe kenterndes Schiff, mit einem zerstörten Heck, das bereits unter Wasser liegt. Ein Seemann rutscht wegen der Schräglage des Bootes in das Maul eines übergroßen Hais und wird von ihm verschlungen. Diese Szene aus dem „Weißen Hai“ kennen viele. Der Film wurde 1975 veröffentlicht und ist ein Vorreiter, wenn es um unrealistische und völlig überspitzte Darstellungen von Haien geht. Doch in den letzten 50 Jahren hat sich die mediale Darstellung dieser Tiere nicht gebessert – siehe z.B. der erst 2018 veröffentlichte Film „The Meg“, in dem Schauspieler Jason Statham die Crew eines U-Bootes vor einem 20 Meter langen Hai retten muss. Selbst in Kinderfilmen wie „Findet Nemo“ werden Haie bis in völlig irrationale Höhen überzeichnet. Das Resultat? Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos vermeiden 4 von 10 Amerikanern Schwimmgänge im Meer – nur wegen ihrer Angst vor Haien.

Der Ozean an sich ist für den Menschen nicht greifbar und Filme wie eben „Der Weiße Hai“ geben dieser unbekannten Angst ein klares Gesicht, schreibt National Geographic. „Jaws“ hat ein falsches Bild des Weißen Hais publik gemacht – nämlich das eines triebgesteuerten Killers, der gezielt Jagd auf Menschen macht – und den Haien damit auch politisch nachdrücklich geschadet.“, sagt Christopher Neff, Sozialwissenschaftler von der University of Sydney. Selbst der Autor der Romanvorlage Peter Benchley schreibt in der Einleitung zur Neuauflage des Romans im Jahr 2013, dass er das Buch heutzutage nicht noch einmal so schreiben würde, da es „ein Tier verteufelt, das für das Gleichgewicht der Natur im Meer lebenswichtig ist“.

Dabei sind Haiangriffe natürlich wahnsinnig selten. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall ums Leben zu kommen beträgt ca. 1 zu 90 – von einem Hai umgebracht zu werden, 1 zu mehr als 3 Millionen (National Aquarium Baltimore). Und auch von einem Blitz getroffen zu werden, ist laut dem Museum of Florida 47-mal wahrscheinlicher als von einem Hai getötet zu werden.

Die Menschheit tötet pro Jahr um die 100 Millionen Haie für ihre Bedürfnisse; 100 Millionen, eine Zahl mit acht Nullen, völlig unvorstellbar das Ausmaß an menschlicher Zerstörung. Greifbarer wird dieser riesige Wert, wenn man ihn auf Stunden herunterbricht: fast 11 500 getötete Haie pro 60 Minuten, angesichts der gerade einmal 439 tödlichen Haiangriffe der letzten 50 Jahre heißt das konkret, dass es für uns Menschen nicht mehr als 2,5 Minuten braucht, um so viele Haie umzubringen, wie umgekehrt in 50 Jahren.

„Wenn wir unser zerstörerisches Verhalten nicht ändern“, so schreibt Peter Benchley weiter, „könnten wir [Haie] vom Angesicht der Erde auslöschen“. Und damit hat er nicht Unrecht.

Haie leben seit mehr als 450 Millionen Jahren in unseren Ozeanen und zählen zu den am längsten existierenden Raubtieren auf unserem Planeten. Man findet sie von den Küsten des Atlantiks bis hin zu den tiefschwarzen Gründen des Pazifischen Ozeans beinahe überall in unseren Meeren. Unter Wissenschaftlern sind sie als „Schlüsselspezies“ bekannt, da sie besonders wichtig für die Erhaltung der Ökosysteme sind, in denen sie leben. „Wenn wir sie verlieren, verlieren wir so unendlich viel mehr“, sagt Rob Nowicki, Wissenschaftler am Mote Marine Laboratory in Florida. Die Ursachen für das unnatürliche Haisterben liegen vor allem in sogenannten Beifängen. Darunter versteht man Meerestiere, die ungewollt in die Netze der Fischer gelangen und dabei ums Leben kommen. Allerdings werden gerade in China immer noch ganz gezielt zahlreiche Haie für die dort immer noch beliebte Haifischflossensuppe getötet. Daher passt in Zukunft einmal mehr auf, woher der Fisch kommt, den ihr konsumiert.

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